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„Ich würde auch eine zweite Stiftung gründen“

  • Veröffentlichungsdatum 05.02.2019
Frauke Nippel

Im Interview blickt Bereichsleiter Dieter Müller zurück auf zehn Jahre Stiftung Analytische Röntgenphysik und zeigt sich für weitere Projekte dieser Art offen.

2008 kamen mehrere kleine und mittlere Unternehmen mit der Bitte auf Dich zu, sie bei der Gründung einer Stiftung zu unterstützen, weil sie eine exzellente Forschung und Lehre im Bereich der Analytischen Röntgenphysik an der TU Berlin verorten wollten. Warst Du von Anfang an überzeugt von der Idee? Mehrere Stifter*innen unter einen Hut zu bringen, klingt eher kompliziert. 

Zunächst einmal fanden wir die Idee der kleinen und mittleren Unternehmen unbedingt unterstützenswert, sich für Forschung zu engagieren. Die Absicht war, der TU über mehrere Jahre eine Zuwendung zukommen zu lassen, um Forschung und Lehre zu sichern. Die Technologiestiftung hat damals übrigens auch selbst eine Förderung gewährt, weil wir hier unseren Satzungsauftrag, anwendungsorientierte Forschung in Berlin zu fördern, geradezu vorbildlich verwirklicht sahen. 

Lange hat das Stiftungsrecht ein Engagement von kleinen und mittleren Unternehmen de facto erschwert, weil von potenziellen Stifter*innen ein finanzielles und zeitliches Engagement erwartet wurde, das diese Unternehmen oft nicht leisten können. Zum Glück brachte die Reform des Stiftungsrechtes von 2007 wesentliche Erleichterungen bei der Errichtung von Verbrauchsstiftungen. Diese Konstruktion bietet die Möglichkeit, sich für einen begrenzten Zeitraum zu engagieren und die gestifteten Mittel für einen klar definierten Zweck zu nutzen. Für die Stiftung Analytische Röntgenphysik haben wir dann die Konstruktion einer nicht rechtsfähigen Verbrauchsstiftung gewählt. Nur, dass auch noch zu bedenken war, dass 13 Unternehmen dabei sein würden, deren Interessen alle berücksichtigt werden mussten. Heute entsendet jedes Unternehmen unabhängig von der Höhe seines finanziellen Einsatzes jeweils einen Vertreter beziehungsweise eine Vertreterin in den Stiftungsrat und die Technologiestiftung fungiert als Treuhänderin. 

Es gab kein Vorbild. Alle Beteiligten einschließlich des Finanzamts für Körperschaften mussten alles zum ersten Mal machen und das nahm eine gewisse Zeit in Anspruch. Aber das Ziel war klar und es gab von Anfang an ein konstruktives Miteinander, was die Arbeit immer angenehm gemacht hat und bis heute prägt.

Unsere Verbrauchsstiftung war ursprünglich auf sieben Jahre angelegt und wäre demzufolge 2016 ausgelaufen. Wir sind längst in einem zweiten Lebenszyklus und die meisten der Altstifter*innen sind immer noch dabei. Außerdem sind neue Stifter*innen hinzugekommen. Ich denke, das spricht für sich.

Die 14 Stifter*innen bringen Kapital ein, dass für die in der Satzung festgelegten Zwecke ausgereicht wird. Was wird darüber hinaus von ihnen erwartet?

Die Stifter*innen kommen einmal im Jahr im Stiftungsrat zusammen. Die Technologiestiftung ist Treuhänderin, bereitet die Sitzungen der Stiftung Analytische Röntgenphysik vor und wickelt sämtliche Formalitäten ab. Ich berichte über die Finanzen der Stiftung sowie die anderen Formalien und wir sprechen über die Forschung. Ein weiterer Aufwand entsteht nicht. 

Durch ihr Engagement sind die Unternehmen natürlich eng mit der TU und der Arbeitsgruppe von Prof. Kanngießer verbunden, die von der TU aus der Zuwendung finanziert wird. Entsprechend geht die Unterstützung der Unternehmen teilweise auch über die Stiftungsarbeit hinaus. Dann stellen die Unternehmen Praktikumsplätze zur Verfügung, bieten bei Bedarf Messtechnik an oder ähnliches. Das geht aber alles auf freiwilliger Basis, so dass jedes Unternehmen prüfen kann, ob es kapazitätsmäßig ein solches weiteres Engagement leisten kann und will. 

Du hast anfangs gesagt, dass Du das Engagement von kleinen und mittleren Unternehmen für Wissenschaft und Forschung sehr positiv siehst. Würdest Du anderen empfehlen, das Modell zu übernehmen, oder auch selbst noch mal etwas Vergleichbares begleiten?

Zunächst mal: Das Modell, das wir für die Röntgenstiftung konstruiert haben, funktioniert unabhängig vom Fachbereich. Wenn sich kleine und mittlere Unternehmen beispielsweise aus dem Maschinenbau, aus der Biotechnologie oder der Informations- und Kommunikationstechnologie zusammenschließen würden, um Forschung an einer der Universitäten oder Fachhochschulen zu unterstützen, würde das genauso funktionieren.

Ich selbst stünde auf jeden Fall für ein solches Projekt zur Verfügung, würde auch eine zweite Stiftung gründen. Die Arbeit für die Stiftung Analytische Röntgenphysik mache ich wirklich gerne, das Miteinander ist angenehm. Vor allem aber gibt es inhaltliche Gründe: Eine enge Vernetzung von Wissenschaft und Anwendung sorgt dafür, dass die Unternehmen sich technologisch entwickeln und diese Innovationsfähigkeit ist heute zentral für wirtschaftlichen Erfolg. Ich finde es deshalb wichtig, dass die Unternehmen sich für Forschung engagieren, weit über die Röntgenphysik hinaus.

Stiftung Analytische Röntgenphysik

Blick von oben eines Hörsaals mit Studierenden in den Reihen und einem Mann, der vorne an die Tafel schreibt.

Verwaltung einer Stiftung, die eine Professur ins Leben gerufen hat.