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  • Thema Smart City

Was ist digitale Teilhabe? Wie wir Menschen an Berlins Digitalisierung beteiligen

  • Rubrik Aus der Stiftung
  • Veröffentlichungsdatum 23.04.2024
Anna Hantelmann

Ob Bürgeramtstermin oder Nachbarschaftsinitiative: Vieles passiert heute online – aber nicht alle profitieren davon. Was bedeuten digitale Teilhabe und Inklusion für die Smart City? Warum ist es wichtig, dass Bürger:innen an der Digitalisierung nicht nur teilnehmen, sondern sich auch beteiligen können? Unsere Teams berichten aus den Projekten Gemeinsam Digital: Berlin, Gieß den Kiez und Kiezlabor. 

Städte werden immer digitaler – aber nicht alle haben Zugang zu Smartphones und Laptops, etwa Kinder oder Senior:innen. Damit Digitalisierung kein Selbstzweck ist, müssen alle die Chance haben, digitale Angebote zu nutzen und bei ihrer Gestaltung Einfluss zu nehmen. Unsere Projektteams berichten, wie mit Beteiligungsprozessen inklusivere und nachhaltigere Digitalangebote für die Smart City entstehen.

Was ist digitale Teilhabe?

Digitale Teilhabe oder digitale Inklusion bedeutet, dass alle Menschen an einer zunehmend digitalisierten Gesellschaft teilhaben und sich beteiligen können – unabhängig von ihrer Bildung, technischen Fähigkeiten oder anderen potenziellen Barrieren. 

  • Das Kiezlabor ist eine Maßnahme der Strategie Gemeinsam Digital: Berlin (GB:D) und zeigt beispielhaft, wie Partizipationsmöglichkeiten für eine breite Stadtgesellschaft aussehen können. © Florian Reimann
  • Das Modellprojekt Kiezlabor zeigt, wie Teilhabe in der Stadt aussehen kann: Mit einem energieautarken Tiny House, das durch die Berliner Bezirke tourt – und mit digitalen Methoden und Inhalten die Stadt von morgen gestaltet.
  • Das Kiezlabor ist ein sogenanntes mobiles Stadtlabor. Als Tiny House kann es an verschiedenen Standorten auf- und abgebaut werden, da es sich aus nur wenigen Komponenten zusammensetzt. © Florian Reimann
  • Gieß den Kiez ist eine Plattform zur Koordinierung der Bewässerung der Berliner Bäume und und lädt alle Bürger:innen ein, sich an der Bewässerung unseres gefährdeten Baumbestands zu beteiligen.
  • Bürger:innen können sich mit der App über den Wasserbedarf von Bäumen in ihrer Nachbarschaft informieren, markieren, wann sie wie viel gegossen haben, und Bäume "abonnieren".

Was sind die Vorteile von Beteiligungsprozessen in der Smart City?

Die Vorteile von digitaler Teilhabe und Beteiligung für die Smart City sind:

  • Inklusion: Wenn wir digitale Anwendungen für alle zugänglich machen, können sie von einer breiten Stadtgesellschaft genutzt werden – unabhängig von etwa persönlichen, sprachlichen, gesundheitlichen oder technischen Barrieren.
  • Offenheit: Durch konstante, niedrigschwellige Beteiligung ermöglichen wir eine für alle offene Digitalisierung vom Kiez bis in den Senat – und erhöhen dadurch auch die Transparenz. 
  • Partizipation: Wenn wir Menschen durch Beteiligungsprozesse in der digitalen Stadtentwicklung einbinden, motivieren wir sie, sich lokal einzubringen – und ein lebenswertes Miteinander mitzugestalten. 

Zusammengefasst: Digitale Teilhabe ist keine Aufgabe, die wir eines Tages auf unserer To-Do-Liste abhaken. Sie ist ein konkreter, permanenter Anspruch an unsere Arbeit. Wenn Teilhabe und Beteiligung in der Smart City konsequent mitgedacht werden, ermöglichen sie den Wandel hin zu einer stärkeren co-kreativen Haltung – damit alle bei der Digitalisierung unserer Stadt mitgenommen werden. 

Welche Rolle spielt digitale Teilhaben konkret in unseren Projekten und wie beteiligen wir Menschen an Berlins Digitalisierung? Unsere Projektteams teilen ihre Perspektiven zu:

  1. Digitale Teilhabe bei Gemeinsam Digital: Berlin
  2. Digitale Teilhabe bei Gieß den Kiez
  3. Digitale Teilhabe bei Kiezlabor

1. Digitale Teilhabe bei Gemeinsam Digital: Berlin

Was bedeutet digitale Teilhabe für Gemeinsam Digital: Berlin?

Die gesamte Stadtgesellschaft bei der Digitalisierung von Berlin einbinden und digitale Tools für alle zugänglich zu machen – das ist für mich digitale Teilhabe. Beide Aspekte spielen in unserer Arbeit mit der Strategie der Senatskanzlei Gemeinsam Digital: Berlin eine zentrale Rolle.

Bei der Ausarbeitung von Berlins Smart City- und Digitalstrategien haben sich mehrere hundert Expert:innen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft beteiligt. Zielgruppengerechte Workshopformate haben hier sehr gut funktioniert. Überwältigt waren wir von den Antworten einer Umfrage, die wir innerhalb der Berliner Verwaltung durchgeführt haben. Dabei kamen über 1.000 Antworten zustande. Als wir 3000 zufällig ausgeloste Berliner:innen angeschrieben haben, ob sie Teil des Stadtgremiums Digitales Berlin werden wollen, haben wir ebenfalls viel Rücklauf erhalten und konnten so ein Gremium von 70 Berliner:innen zusammenstellen, die ihre Stadtgesellschaft möglichst repräsentativ vertreten. Die Arbeit mit dem Stadtgremium hat sehr viel Spaß gemacht und Menschen mit verschiedenen Hintergründen und Meinungen zusammengebracht. 

Bei der interaktiven Onlinebeteiligung auf mein.berlin.de hätten wir uns mehr Antworten gewünscht. Wir haben gemerkt, wie herausfordernd es ist, die komplexen Inhalte der Strategie für eine breite Online-Beteiligung verständlich aufzubereiten. Auch über die Öffentlichkeitsarbeit ließen nicht so viele Menschen erreichen, wie wir uns gewünscht hätten. 

Warum ist Beteiligung für die Smart City wichtig? 

Im Auftrag der Senatskanzlei haben wir mit dem CityLAB Berlin den Beteiligungsprozess zur Strategie entscheidend mitgestaltet. Wir haben dabei viele Stakeholder eingebunden, sind aber auch gezielt Bürger:innen und Menschen zugegangen, die sonst bei Beteiligungsprozessen oft nicht gehört werden. Es war uns dabei wichtig, die bunte Vielfalt der Berliner Perspektiven auf die Smart City zu hören. Gerade bei den Treffen des Stadtgremiums Digitales Berlin haben wir gemerkt, dass neue Ideen entstehen, wenn ganz verschieden Menschen in den Austausch kommen.

Zu Beteiligungsprozessen gehört auch anzuerkennen, dass nicht alles digital werden kann und wir den Austausch vor Ort weiter brauchen.

Dr. Niklas Kossow :
Bereichsleitung Smart City & Verwaltungsinnovation

Was sind Beispiele für Beteiligungsprozesse, -tools und -netzwerke?  

Wir haben den Beteiligungsprozess zur Strategie GD:B aufgearbeitet und stellen ihn anderen zum Nachlesen und Nachahmen zur Verfügung. GD:B bietet außerdem ein Handbuch zur Umsetzung von Maßnahmen in dem auch viele Materialien zur Beteiligung gesammelt sind. Und dann gibt es natürlich im Rahmen der Strategie einige Maßnahmen, die digitale Teilhabe und Partizipation in den Mittelpunkt stellen: das Digital Zebra, das Seniorennetz und natürlich unser Kiezlabor. Das sind tolle Maßnahmen, die von engagierten Leuten getragen werden. 

Das Digital Zebra, ein Projekt der Zentral und Landesbibliothek Berlin, schafft etwa Beratungsangebote, um vor Ort in der Bibliothek Unterstützung zu bekommen, die digitale Welt zu verstehen. Egal ob Arzttermin, Behördenvorgang oder der Kauf einer digitalen Eintrittskarte: Beim Digital Zebra können alle Fragen zum eigenen Zugangsgerät stellen oder Computer und Tablets vor Ort nutzen. 

2. Digitale Teilhabe bei Gieß den Kiez

Was bedeutet digitale Teilhabe bei Gieß den Kiez? 

Kurz gesagt bedeutet digitale Teilhabe für mich: Die analoge Welt digital darzustellen und erfahrbar zu machen. Bei Gieß den Kiez bilden wir ganz konkret die Stadtbäume Berlin und ihren Wasserbedarf auf einer digitalen Karte ab.  

Konkret bedeutet digitale Teilhabe bei Gieß den Kiez:

  •   Information: Städtische Natur besser kennenlernen und informiertes Handeln (hier: Gießen) ermöglichen
  • Vernetzung: Mit der aktiven Community austauschen
  • Aktion: Gießen, ob allein oder als Gruppe
  • Wissenstransfer und Koordination: Zwischen Bürger:innen, Verwaltung, Initiativen & Co  

Warum ist Beteiligung für die Smart City wichtig?

In der „Smart City“ stecken die „Citizens“, also die Bewohner:innen der Stadt von morgen. Beteiligung ist daher nicht nur wichtig, sondern Kern der Smart City. Gerade in dem „smarter“ machen einiger Städte liegt der Fokus leider häufig auf dem Effizienz-Aspekt von Technologien und nicht auf den Möglichkeiten, wie durch diese eine partizipative und nachhaltigere Stadt gestaltet werden kann. 

Beispielsweise haben viele Bürger:innen eine emotionale Bindung zur städtischen Natur und möchten aktiv werden – gerade bei den immer anspruchsvolleren, klimatischen Bedingungen von Hitzesommern & Co.

Durch Anwendungen wie Gieß den Kiez können Menschen ein aktiver Teil der Stadtgestaltung zu sein und ihre Bemühungen sichtbar machen.

Henriette Närger :
Wissenschaftliche Mitarbeiterin

Daneben können sie sich auch effizienter mit der Stadt und untereinander koordinieren. Da Wasser eine immer knapper und somit teurer werdende Ressource ist, muss sie gezielt und bedarfsorientiert eingesetzt werden.  

Was sind Beispiele für Beteiligungsprozesse (Tools, Netzwerke)?   

Beteiligungsprozesse gibt es in Online- und Offline-Formaten. Ich denke, eine Kombination aus beiden ist die beste Lösung. Gieß den Kiez an sich ist ein solches Tool und auch ein Netzwerk, da die Leute sich online informieren und vernetzen können. Wir haben beispielsweise eine Slack Chatgruppe, damit Interessierte offline gemeinsam aktiv zu werden. Auch die Weiterentwicklung von Gieß den Kiez als digitale Anwendung geschieht durch einen ständigen Beteiligungsprozess, in dem Feedback sowohl digital als auch vor Ort gesammelt wird und in Updates übersetzt wird.  

3. Digitale Teilhabe beim Kiezlabor

Was bedeutet digitale Teilhabe beim Kiezlabor?

Dass auch Menschen, die nicht so digital affin sind, weiterhin gesellschaftlich teilhaben können – dafür setzen wir uns mit dem Kiezlabor als Tiny House für digitale Transformation ein. Wir kooperieren beispielsweise an jedem Standort mit dem Seniorennetz und bieten mit dem Format „Kaffee, Kuchen, Kiezlabor“ eine leicht zugängliche Möglichkeit, bei einem netten Gespräch mit seniorengerechten Tablets die ersten Schritte ins Internet zu gehen und von den Angeboten des Seniorennetzes zu erfahren. Ebenso bieten wir sehr gerne analogen Zugang zu Beteiligungsprozessen auf mein.berlin.de an. 

Am Standort Hellersdorf haben wir mit dem Kiezlabor beispielsweise auf dem Alice-Salomon-Platz gestanden und mit den Anwohner:innen über ihre Wünsche für die geplante klimaresiliente Umgestaltung des zentralen Stadtplatzes gesprochen. 

Warum ist Beteiligung für die Smart City wichtig? 

Lange Zeit wurde unter dem Schlagwort Smart City vor allem verstanden, möglichst viel Technologie und Digitalisierung in den Städten unterzubringen. Und das ohne bei der Stadtgesellschaft nachzufragen, welche Zukunft im Sinne ihrer und der Bedürfnisse nachfolgender Generationen denn wünschenswert ist – und wie Technologie uns dabei helfen können, sie zu erreichen.

Damit nachhaltig lebenswerte Städte entstehen, muss die breite Stadtgesellschaft eingebunden werden. Dazu gehören auch Gruppen, die oft nicht gehört werden: Menschen mit Behinderung, Kinder und Jugendliche oder Menschen mit Fluchterfahrung.

Anne-Kathrin Kruse :
Projektmanagerin Kiezlabor

Was sind Beispiele für Beteiligungsprozesse (Tools, Netzwerke)?   

Je nach Kiez gibt es ganz unterschiedliche Möglichkeiten, sich in die Entwicklung der Stadt einzubringen. Auf mein.berlin.de finden sich die meisten aktiven Beteiligungsmöglichkeiten. Neben den klassischen Wegen der Mitsprache gibt es aber auch die Möglichkeit, in einer der zahlreichen Kiezinitiativen mitzuwirken. In Berlin gibt es eine sehr engagierte Zivilgesellschaft, mit der wir auch bei unseren Kiezlabor-Einsätzen eng und gut zusammenarbeiten.  

Bisher haben wir mit dem Kiezlabor in Hellersdorf zu einem Beteiligungsprozess beigetragen, planen für dieses Jahr aber weitere Verknüpfungen in anderen Kiezen. Oft finden Beteiligungsprozesse vor allem online und in wenigen Workshops zu bestimmten Zeiten statt. Mit unserem Angebot im öffentlichen Raum können wir ganz andere Menschen erreichen, die sonst nicht ihre Meinung beitragen würden. 

CityLAB Berlin

Gut gelaunte Menschen stehen vor dem Eingang des CityLABs

Im CityLAB wird Innovation und Partizipation zusammen­gedacht: Verwaltung und Stadtgesellschaft arbeiten hier gemeinsam an Lösungen für das digitale Berlin von Morgen.


Zielgruppe

Verwaltung, Zivilgesellschaft, Wissenschaft